Franz und Richard Strauss

Franz Strauss

Franz Strauss (1822–1905) leitete die Wilde Gungl von 1875 bis 1896, wie es heißt, aus Privatvergnügen und ohne Entgelt. Er widmete dem Verein 1871 seinen Zigeunermarsch und dirigierte 1875 als Ehrengast das Orchester, um im Winter desselben Jahres die musikalische Leitung voll zu übernehmen.

Franz Strauss war der erste ausgebildete Berufsmusiker am Dirigentenpult und steuerte den Programmen eine ganze Reihe eigener Kompositionen bei, in der Mehrzahl Walzer, Polkas, Galoppe und Quadrillen.

Die Bemühungen von Franz Strauss für die Gungl fanden vielseitige Anerkennung. Die süddeutsche Presse und die Münchner Nachrichten vom 20. Februar 1883 schreiben: „Ihr unermüdlicher Meister und Dirigent hat jedenfalls den ersten Antheil, und seinem unermüdlichen Streben, die Gesellschaft mit jedem Jahr leistungsfähiger zu machen, wird seitens der Mitglieder willig Folge geleistet; denn nur vereintes Streben in der Kunst zeitigt Erfolge (…) Möge das innige Band, das Meister und Schüler seit Jahren umschlungen hält, noch recht viele Jahre dauern.“

Richard Strauss

Am 29. Mai 1880 bot Franz Strauss anlässlich einer „Musikalischen Unterhaltung“ eine Überraschung: eine Gavotte seines damals noch 14jährigen Sohns Richard (1864–1949) war zu hören, ein Klavierstück, das er auf Betreiben des Vaters im Jahre 1879 für Orchester gesetzt hatte und das als erstes seiner Werke öffentlich aufgeführt wurde.

Im Oktober 1882 hielt Vater Strauss die Zeit für gekommen, seinen Sohn als aktives Mitglied in den Orchesterverein, der damals mit über dreißig Spielern besetzt war, aufnehmen zu lassen. Bald schon rückte er vom dritten an das erste Geigenpult vor und dirigierte zuweilen in einer Probe selbst. Sein Vater war manchmal streng mit ihm, wie aus den Berichten von Mitspielern zu entnehmen ist. Er konnte schon mal ein zorniges „Ruhe“ herabzischen, wenn Richard mit leisem Pizzikato immer wieder die Stimmung seines Instruments prüfte, auch nach Erheben des Taktstocks.

Im Jahre 1884 wurde das 20. Stiftungsfest des Vereins in Tegernsee gefeiert, und aus diesem Anlass wurden auch einige Klavierkompositionen von Richard Strauss aufgeführt, die ein lebhaftes und positives Echo in der Presse fanden. Strauss hatte damals seinen ersten Berliner Winter hinter sich und hatte bereits ein beachtliches Renommée erworben. Die Cellosonate, das Violin- und Hornkonzert waren bereits aufgeführt. Insbesondere die Uraufführung der f-moll-Symphonie in New York hatte den zwanzigjährigen Komponisten in weiten Kreisen bekannt gemacht. Umso bemerkenswerter ist die Tatsache, dass er trotzdem gewissenhaft die Proben der Wilden Gungl besuchte.

Anlässlich eines Konzertes Anfang 1885 dirigierte Vater Franz Strauss den Festmarsch Nr. 2 in D-Dur, der hier zum ersten Mal erklang und der die Bayerische Landeszeitung zu folgendem Kommentar veranlasste: Die Musikrichtung, welcher der junge Komponist in diesem Festmarsche huldigt, sagt uns nicht zu, er scheint nicht übel Lust zu haben, in Brahms’sches Fahrwasser zu lenken, aber sei dem wie ihm wolle, durch und durch tüchtig gearbeitet ist dieser Marsch und legt mithin neuerdings den Beweis ab für die hohe Begabung und das tüchtige Studium des Komponisten. Bei dieser Aufführung spielte Richard Strauss zum letzten Mal in einem eigenen Werk bei der Wilden Gungl mit. Im September desselben Jahres verabschiedete er sich schriftlich beim Gründer des Vereins, Herrn von Rutz, um seinen Posten als Herzoglicher Hofmusikdirektor in Meiningen anzutreten.

Das 25-jährige Bestehen des Vereins im Jahre 1889 war Anlass zu einer groß angelegten Feier. Auch Richard Strauss war bei der Schar der Gratulanten; er war inzwischen königlich bayerischer Hofkapellmeister in München und hatte nebenbei die Würde eines Assistenten in Bayreuth erreicht und die Partituren zu „Don Juan“ und „Tod und Verklärung“ vollendet. Franz Strauss wurde mit einem Lorbeerkranz geehrt und des Sohnes Festmarsch in C-Dur nannte die Presse ein äußerst wirksames brillantes Tonstück (…) kräftig instrumentiert und frisch bewegt. Das Manuskript ist verschollen, eine Abschrift von der Hand des Vaters befindet sich im Besitz des Vereins.

Mit dieser Widmung eines eigenen Werkes endet die aktive Beziehung von Richard Strauss zur Wilden Gungl. Noch unter der Direktion von Franz Strauss wurde seine d-moll-Symphonie aufgeführt, die der Gungl zur alleinigen Aufführung überlassen worden war.

Text: Thomas Lange / Rudolf Rieser / Helmut Wagner

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